"Lumen Gentium" (Artikel 35)
Aus der Dogmatischen Konstitution "Lumen Gentium. Über die Kirche"
35. Christus, der große Prophet, der durch das Zeugnis seines Lebens und in Kraft seines Wortes die Herrschaft des Vaters ausgerufen hat, erfüllt bis zur vollen Offenbarung der Herrlichkeit sein prophetisches Amt nicht nur durch die Hierarchie, die in seinem Namen und in seiner Vollmacht lehrt, sondern auch durch die Laien. Sie bestellt er deshalb zu Zeugen und rüstet sie mit dem Glaubenssinn und der Gnade des Wortes aus (vgl. Apg 2,17-18; Offb 19,10), damit die Kraft des Evangeliums im alltäglichen Familien- und Gesellschaftsleben aufleuchte.
Sie zeigen sich als Söhne der Verheißung, wenn sie stark in Glauben und Hoffnung den gegenwärtigen Augenblick auskaufen (vgl. Eph 5,16; Kol 4,5) und die künftige Herrlichkeit in Geduld erwarten (vgl. Röm 8,25). Diese Hoffnung sollen sie aber nicht im Inneren des Herzens verbergen, sondern in ständiger Bekehrung und im Kampf "gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister des Bösen" (Eph 6,12) auch durch die Strukturen des Weltlebens ausdrücken.
Wie die Sakramente des Neuen Bundes, durch die das Leben und der Apostolat der Gläubigen genährt werden, einen neuen Himmel und eine neue Erde (vgl. Offb 21,1) vorbilden, so werden die Laien gültige Verkünder des Glaubens an die zu erhoffenden Dinge (vgl. Hebr 11,1), wenn sie mit dem Leben aus dem Glauben ohne Zögern das Bekenntnis des Glaubens verbinden. Diese Evangelisation, das heißt die Verkündigung der Botschaft Christi durch das Zeugnis des Lebens und das Wort, bekommt eine eigentümliche Prägung und besondere Wirksamkeit von da her, daß sie in den gewöhnlichen Verhältnissen der Welt erfüllt wird.
In dieser Aufgabe erscheint als besonders wertvoll jener Lebensstand, der durch ein besonderes Sakrament geheiligt wird, das Ehe- und Familienleben. Dort gibt es eine hervorragende Übung und Schule des Laienapostolates, wo die christliche Religion die ganze Einrichtung des Lebens durch dringt und von Tag zu Tag mehr umbildet. Dort haben die Eheleute ihre eigene Berufung, sich gegenseitig und den Kindern den Glauben und die Liebe Christi zu bezeugen. Die christliche Familie verkündet mit lauter Stimme die gegenwärtige Wirkkraft des Gottesreiches, besonders aber auch die Hoffnung auf das selige Leben. So überführt sie durch Beispiel und Zeugnis die Welt der Sünde und erleuchtet jene, die die Wahrheit suchen.
Daher können und müssen die Laien, wenn auch den zeitlichen Sorgen verpflichtet, eine wertvolle Wirksamkeit zur Evangelisation der Welt ausüben. Wenn nun einige von ihnen beim Mangel an geweihten Amtsträgern oder bei deren Verhinderung unter einem Verfolgungsregime nach Möglichkeit gewisse heilige Aufgaben stellvertretend erfüllen und viele von ihnen ihre ganzen Kräfte dem apostolischen Werk widmen, so müssen doch alle zur Ausweitung und zum Wachstum des Reiches Christi in der Welt mitarbeiten. Deshalb sollen die Laien sich um eine tiefere Kenntnis der geoffenbarten Wahrheit bemühen und inständig von Gott die Gabe der Weisheit erbitten.
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